Wir treffen uns im Supermarkt hinter der Brücke. Ich erkenne dich nicht, du mich auch nicht. Dann erkennen wir uns fast zeitgleich. Jeder geht für sich noch einmal durch einen eigenen Gang und dann treffen wir vor den Cornflakes, fast wie geplant, aufeinander und lächeln uns zu.
„Wer hat jetzt wen ertappt…“, fragt er.
„Wobei denn überhaupt?“
„…es ist alles wie immer.“
Sie streift sich mit der rechten Hand über den linken Oberarm und tippelt auf den Füßen. Er sucht Haltung, aber macht darin keine gute Figur. Beide geben ein dynamisches Bild ab. Allerdings zeigt sich das Alter inzwischen als vergessene Jugend an den Händen, auf der Stirn und wenn beide nach einer gemeinsamen Erinnerung lachen, dann auch an den Augen.
„Wohnst du noch hier? Du wolltest doch immer…“, fragt sie.
„Und, du bist wieder zurück. Aufbruch und Ankunft. Oder Heimkehr.“
„Es war dort nicht besser. Anders, aber eben Amerika.“
Er hat viel gearbeitet in den letzten Jahren. Sie auch, ist inzwischen sogar wohlhabend. Sie hatte damals schon große Pläne. Er auch. Beide zusammen strebten nach der individuellen Revolution – damals nach dem Abitur. Jetzt ziehen sie ihre erste Bilanz und erkennen sich wieder, aber das Leben hat sie anders gezeichnet. Irgendwie schöner. Vielleicht.
„Ich möchte wirklich noch einmal…“, sagt er.
„Ich auch, so wie früher… einfach nur eine Stunde.“
„…und dann?“
„Dann machen wir es wieder so wie beim letzten Mal und sehen uns zwanzig Jahre nicht wieder.“
Die beiden verabreden sich für nächsten Mittwoch um 1. Dann hat er frei und sie auch. Sie feiern zusammen so etwas wie Weihnachten, nur ohne Kitsch, Konsum und ohne Familie. Am Glühweinstand auf dem Heumarkt treffen sich beide als Mann und als Frau. Zwei Menschen, die sich etwas erzählen von heute, gestern und die Pläne schmieden im Morgen.