Zwei Mal Karibik und ein Zurück

Der heutige Eintrag in diesem alternativen Logbuch widmet sich einer Wiederholung. Vor einiger Zeit hat ein Freund gekündigt. Jetzt ist er in der Karibik. Er ist der Seefahrer, der ich manchmal gerne wäre. Ich werde leicht seekrank und traue mich nur selten auf neue Wege. Ein neuer Straßenname, eine unbekannte Ecke in Kalk öffnet mein Weltbild für Irritationen, aber als aufgeklärtes Kind finde ich das natürlich gut. Allerdings sind die kleinen Veränderungen für mich genug. Kolumbien, Karibik – Köln. Man muss sich zurechtfinden.

Die Fotos vom anderen Ende der Welt sind so wie aus Reisekatalogen, die wir früher im Kunstunterricht zerschnitten und als Mosaike der Freiheit wieder zusammengeklebt haben. Ich habe das später noch einmal versucht und hatte meine Freude daran, Kunst war es vielleicht nicht, wenn man das materiell betrachtet. Im Moment war da schon viel Anarchie spürbar.

In der Ferne ist das Internet besser als in Deutschland. Ich bin irgendwie beruhigt, dass sich manche Stereotype als Wahrheit herausstellen. Und ich freue mich heimlich auch, dass ich gegen mich selbst gewonnen habe. Dort, wo H* und L*  gerade sind, ist es auch gut. Vielleicht sogar besser, das erfahre ich das nächste Mal sehen, wenn die überhaupt noch mal zurückkommen. Sonst muss ich meinen falschen Lokalpatriotismus gegen ein Flugticket tauschen. Für das Klima wäre vielleicht ein Segelschein besser, aber ich weiß nicht, ob ich mir das zutraue – ich werde schnell seekrank, bilde ich mir zumindest ein.

Der Titel dieser kurzen Erzählung kündigt zwei Mal Karibik und ein Zurück an. Das Paar in der Ferne wurde schon benannt, ist aber dieses Mal nicht für die Mehrzahl verantwortlich. Stattdessen ist mir heute wirklich etwas Verrücktes passiert. Der Kassierer von Netto, der wirklich nette, der neulich länger nicht da war und der davor von der Schichtplanung am Besuch des Backstreet Boys Konzerts gehindert werden sollte – ich rege mich noch immer für ihn auf, obwohl die Sache vermutlich geregelt ist. Er hatte wie ein ‚pünktlicher Deutscher‘ lange im Vorfeld den Termin bekannt gemacht. Zurück zum Text: Er erzählt heute an der Kasse, dass er ab Samstag auch da ist, in der Karibik. Wir quatschen kurz und ich freue mich, dass das so geht. Bei allem Stress den die Welt gerade bringt. Dann erzähle ich ihm von H* und L* und setze 3 Euro auf die Anarchie. Mal sehen ob es ein Zurück gibt oder zwei.

Wie man in den Wald geht

Es ist wunderbar. Wir essen Pizza in Kalk an der Post. Man begrüßt uns herzlich. Vorher war eine Feier da, zumindest vielleicht. Die Tischdecken liegen auf dem Tisch hinter uns. Heute ist viel los. Man fragt nach italienischem Bier und die Bedienung schaut verwundert. Sie verweist auf das Kölsch, ob es italienischen Wein gibt, das vergessen wir zu fragen. Dann kommt das Brot, es kommen Antipasti und ein Junge singe singt zu laut Karaoke. Wir sprechen über die Tragödie, einer ist abgestürzt. Ein Grab in den Alpen, wir feiern das Leben und denken an ihn.

Nachdem wir uns die wichtigsten Dinge des Tages erzählt haben, beschließen wir die Location zu wechseln und gehen die Hauptstraße runter. In der Kneipe lief das letzte Mal BAP und dir ist das aufgefallen, ich habe gerade darüber geschrieben. Manchmal führt das Schicksal einen spontan zusammen und stellt sich als Dorf heraus. Aber es bleibt gut, wir sind fremd in der eigenen Stadt und erzählen über die Schulzeit, rätseln über die Zukunft und suchen die dritte Ableitung von X – erfolglos. Dann gehen wir zum Kiosk, wir treffen die Jungs von eben, wir erzählen uns nichts, aber grüßen uns fast schon freundschaftlich. Zwischendurch ist ein verwirrter Kopf von der Harmonie kurz irritiert und er will kurzerhand alles kaputt schlagen. Aber wir gehen nicht darauf ein, sondern wir genießen den Blick in die Zukunft, die Erinnerung an das Gestern und beschließen, dass es gerade gut ist. So, für ’ne Moment.