Ich bin jetzt 325 Tage hier
habe 27 Männer getötet
2 eigene (versehentlich erschossen)
17 mit dem Gewehr
3 mit der bloßen Hand
4 mit einer Handgranate
3 mit einer Mine
jetzt habe ich einen Fehler gemacht
ich habe mich verrechnet
es waren mehr als 27
–
Ich bin jetzt 28 080 000 Sekunden hier
habe 13 Zivilisten getötet
eher ungewollt, aber das passiert
3 waren paramilitärisch organisiert
5 waren ›Beifang‹ im Eifer des Gefechts
7 Gefangene konnten wir nicht mitnehmen
1 alter Mann hat mich angespuckt
da sind mir die Sicherungen durchgegangen
ich hatte drei Nächte nicht geschlafen
und hoffe, dass meine Eltern
nie davon erfahren
–
Ich bin jetzt 468 000 Minuten hier
habe 7 Frauen vergewaltigt
zuerst habe ich nur zugesehen
dann musste ich mich im Korps beweisen
dann war es mir egal
3 davon waren vermutlich minderjährig
unschuldig waren die anderen auch
es war furchtbar
aber so ist der Krieg
…
Ich bin es gewesen
niemand anders
es gibt keine Entschuldigung
mein Truppenführer war stolz
meine Eltern werden mich hassen
ich habe gelernt
ohne Gefühle zu leben
ich bin ein Soldat
dafür werde ich bezahlt
deshalb lebe ich
noch –
bin ich ein Mensch?
Ich bin jetzt 7800 Stunden hier
hier ist immer woanders
hier ist niemals zu Hause
hier ist keiner mein Freund
hier ist kein Mensch meine Liebe
und doch: hier sind alle Menschen
ich bin ein Soldat
ich war 48 Stunden gefangen
wurde gefoltert
sie haben mir die kleinen Zehen
mit einer Säge aus dem Baumarkt
abgeschnitten
ich habe alles verraten
ich bin kein Held
…
dann haben mich meine
Kameraden befreit
dann kam der Feuersturm
und hat alles vernichtet
ich konnte nichts tun
und fühle
Genugtuung.
Ich bin erst 325 Tage hier
das sind 46 Wochen und 3 Tage
an einigen davon haben wir gelacht
aber kein einziger war gut
ich war fern von der Heimat
von meiner Frau und den Kindern
musste das hier lernen
die Angst hat mich getrieben
dann kam der Spaß
die Freude am Töten
das Gefühl von Macht
wie ein Rausch
ich war ein anderer Mann
nicht plötzlich
schleichend
ich war ein anderer Mensch
damals
heute bin ich der, der ich bin
ein Soldat ohne Leben
ein Kriegsverbrecher
ein Mörder
ein Vergewaltiger
ein Tyrann
in den Augen der westlichen Welt bin ich ein Feind
in den Augen meiner Führung bin ich ein ganz normaler Held
in den Augen von ihnen bin ich eine Gefahr, wenn wir uns treffen
in den Augen von dir bin ich eine Zumutung, wenn du das liest
in den Augen meiner Kameraden bin ich ihnen ein einfacher Freund
in den Augen meiner Feinde bin ich ein Mann mit dem gleichen Beruf
in den Augen der Zivilisten bin ich eine Bedrohung
in meinen Augen bin ich noch immer ein Mensch – irgendwo
ich werde das Gefühl der Ohnmacht niemals vergessen
die Hilflosigkeit, die sich gegen mich und gegen das Ganze richtet
bis heute war ich täglich ein Richter
morgen werden andere richten
heute ist mein letzter Tag an der Front!
Morgen ist mein erster Tag in der Freiheit
vergesst nicht, dass der Krieg mich
zur Schande gemacht hat
und ich selbst
ich trage die Schuld
für die Bestie, die ich geworden bin
ein einfacher Mann aus einem kleinen Ort
Familienvater und Sohn, aus armen Verhältnissen
ich trage die Verantwortung für all das
doch heute bin ich davon befreit
ich liege in einem Erdloch im nirgendwo
es wird nie wieder gut
das ist der Krieg.