Dialog zwischen zwei Büchern

Sagt der Schamoni
zum Zaimoglu
lass ma zusammen was
machen, was starten
was dichten oder
so richtig krassen
Scheiß grabben

„Man wird sich fragen, woher ich das so genau weiß.
Ich bin keine Nutte oder so.“
Banu, Barfrau, inzwischen vermutlich nicht mehr 33

„Wir sind die Band. Wir spielen hier heute Abend.“
Er schrubbt weiter die Gläser.
Irgendwo in Dortmund, vor einiger Zeit (fiktive Realität).

„Wir pusten in ein langes, grobes ofenrohr.“
Mehmet, damals 29, seinerzeit Dichter, heute Held?

„Drüsen, Botenstoffe, synaptische Kontakte, ein dunkler, weicher Dschungel aus organischen Verbindungen in meinem Inneren. […] Ich trage nur noch schwarz.
Schamoni 2007, professioneller Dorfpunk, begnadeter Musiker, für immer Legende

Was kann man aus der Literatur lernen
fragen sich zwei alte Lehrerinnen
auf einer Parkbank in Köln-Mülheim

die Antwort geht unter
weil gerade ein Bus vorbeifährt
die Straßenbahn bimmelt
einer schaut auf sein Handy
eine andere auch
das Ungeborene auch
jemand liest ein Buch
er hört CDs mit einem Discman
er ist ein Gott, eine Sie oder
einfach ein geschlechtsloser Engel
der sich so durchschlägt
als Held der Erzählung
und er verkauft sich (früher)
und heute Chrystal
seine Geschichte
singt er dem Rhein vor

„Kämpfen oder Klappe halten […] Es ist schon komisch mit den Deutschen. Sie kommen und beobachten stundenlang, aber wenn man sie anredet, dann laufen sie ganz schnell raus.“
Mihriban, 30, Gemüseverkäuferin [ihrer Zeit voraus!]

„Übrigens, vergiss die Kinderfunke und ruf mich an, wenn du magst: 4393784 – Mia.“
Mitschrift von Rocko offensichtlich veraltet oder Zahlendreher drin. Selbstversuch gemacht, geht keiner ran… Mia, wo bist du?

Der Rhein sagt
es gibt heute keine
sichere Wahrheit mehr
aber es gibt in jedem Fall
irgendwo eine
unsichtbare Quelle, die
irgendwie real sein muss

irgendwo muss das
ganze Wasser ja
herkommen, aber
letztes Jahr war es
schon weniger
was passiert
wenn die Quellen in
der Zukunft nicht mehr
liefern, dann
denken wir uns
was auf, dann
erzählen wir von der Stadt
die damals am Fluss lag
und gehen barfuß
über den Schotter auf
die andere Seite.

Der Inhalt konnte nicht gefunden werden

Diverse Angaben
perfekte Lebensläufe
gelungene Textproben
bedeutsame Anlagen
wichtige Verträge
und Gutachten
von herausragenden Menschen
all das kann dem Antrag
nicht beigelegt werden
da er nicht gestellt wird
denn er wurde nicht
gefunden
Aufgabe hat sich somit
erledigt
das Kunstwerk
muss somit
nicht bewertet werden
danke für gar nichts
und
für den freien Tag
viele Grüße an
die Jury.

Machtkomplexe

Spieler vor Fantribüne
sorgt für
erhitzte Gemüter
schlechte Verlierer
treffen auf fragwürdige
Gewinner

es ist ein
seltsames Spektakel
patriarchaler Komplexe
und die Mächte die
hier wirksam sind
sind bedingungslos
auf Unterwerfung
ausgerichtet
wer Gewinner sucht
produziert Verlierer, das
ist die wenig
seltsame Wahrheit
und irgendwo
glaubt noch jemand
an Menschenrechte
und Inklusion
der Leistungssport
kennt nur das Recht
der Stärke
finde dich damit ab
das ist Evolution

unter der Woche fast
geheult, wie ein ›Mädchen‹
schlechte Verlierer
treffen auf, vielleicht
fragwürdige Gewinner
es ist nicht gut, wenn
man Macht akkumuliert
über Jahre, Jahrzehnte
das Geld lässt
keine Gleichheit zu
sondern Unterschiede

wer das Erbe antritt
glaubt schnell, dass man
ein Recht auf die Lücke hat
die Dominanz der
funktionierenden Figur
die Marionette, mit der man
glaubt, dass man eine
freie und egalitäre Person ist
obwohl man doch nur
in den Fängen der
globalen Maschine
ein Spiel für das Volk
produziert

der Vater holt
den Jungen
vom Sportplatz ab
er ist nicht mehr da
sondern im
Nachwuchsleistungszentrum
beginnt die Auswertung
seines Potenzials
und das Programm stellt
fest, dass er bis zur B-Jugend
brauchbar ist, danach
wird das Kind egal sein
verbraucht und
verloren in der Hoffnung
ein Auserwählter zu sein

bringt der armen Sau
mal in Ruhe ein Bier
und ein Leben
es ist doch nur Fußball
und (noch)
kein Faschismus.