Kattowitz II

18.10.17

Sitze im Park an der Straße
der Verkehr fließt
wie das Wasser im Brunnen
dynamisch, weniger verspielt
am Rande des Spiels hört man Quietschen
—————————————————————
Es ist Mittag, nicht nur ich mach‘ wohl

jetzt eine Pause
kommt eine Gruppe junger Leute
im Anzug
Zweitgruppe gleiches Äußeres
nur etwas älter und weniger
die Frauen im Beet pflanzen
Zwiebeln in die Erde
kurz vor dem Winter
im Park nebenan sammeln zwei
Andere das Herbstlaub
bemerkenswert ruhig
mit harmonischem Schwung
ganz ehrlich und konsequent
mit nie letzter Geduld.

——————————————————————

Bemühe ein Resümee des ersten Tages und bin noch
immer beeindruckt.

Man muss eines einschränkend sagen:
Manchmal denke ich, es ist etwas wie Kalk. Nur größer. Gewachsen. Industrie. Arbeit. Arbeiter. Viele. Wollen wohnen. – und leben. Bekommen Wohnraum und Leben, aber befristet, begrenzt und knapper bemessen. (Komme nicht weiter)
___________________________________________________

Schräg gegenüber schauen die Leute mich an

während ich schreibe.
Zwei Frauen, die gerade nicht Gärtnern
– in einem Büro.

——————————————————————

Der Unterschied zu Kalk ist so offensichtlich, dass ich mich wundere, wie er mir auffallen konnte. Ich dachte eben noch, die Frauen kehren das Laub, als ginge es um die eigene Familie, Gemeinschaft. Dachte dann bemerken zu können, dass so etwas hier vielleicht noch klappt wenngleich anders. Wunderte mich dann, ob es allein eine Frage der Kirchen sei, die hier zu den saubersten Plätzen zählen. Stelle dann fest, dass sich Verfall und Schönheit selten so präzise treffen im Alltag. Nur die Kirchen sind schöner, stehen irgendwie an der Spitze.

Kattowitz im Herbst zeigt den fließenden Übergang der Natur auf dieser Bühne besonders.

Was fehlt gegenüber Kalk, ist nicht die westliche Zivilisation, sondern ihr orientalisch-arabischer Antagonist. Es gibt zwar ein paar Kebap-Häuser, einen Mexikaner und zwei, drei Asiaten – soweit ich die Stadt gesichtet habe. Aber im Zentrum sehen mir alle die Fremden auch gleich aus.

Gehe ich in Kalk oder auch Mülheim auf die Straße und sehe die Fremde und fühle sie nicht mehr, als am Morgen im ehrlichen Spiegel, stelle ich fest: Ich verstehe sie nicht diese Fremde, aber ich mochte sie schon immer dann besonders, wenn sie die großen Gruppen in Teile zerlegt und Einzelnes sichtbar macht.
___________________________________________________

Es gibt keine Stringenz in diesem Fragment.

Scannen

Gerade so durch
die alten Texte
geschaut
bisschen gelesen
manches besser
nicht gelesen
anderes
noch nicht
wieder
entdeckt
.
faktisch
und
objektiv
betrachtet
muss
ich sagen:
Es ist nicht
alles so richtig
geil
gut
genial
was man
produziert
.
damit
kann
ich
leben
muss
man
ja
haue
trotzdem
Sachen
raus
.
frage
mich
manchmal
woher
die
Worte
kommen
.
würde
gerne
Protokoll
führen
und
meine
alten
Versionen
gegeneinander
vergleichen
ggf.
Revision
wiederherstellen
.
verschiebe
die
kritische
Prüfung
in
die
Zukunft
.
einiges
lasse
ich
einfach
so
stehen
.
manches
sind
Themen
aus
der
Welt
aus
der
man
sie
schaffen
müsste
.
Nachrichtenplot
erzählt auf Distanz
gelesen auf der Couch
oder dem Bürostuhl
beteiligt in der Sache
0, in Worten: Null.
N*na hatte
damals schon recht
da vielleicht so etwas
wie
ewige Wahrheit
gesprochen
eine Antwort
auf alle meine
Fragen
.
Breakpoint
2006
.
neuer
Tag
.
Hoffnung
auf
gute
Geschichten
ohne
Hass
und
Gewalt
.
nehme
den
Hass
in
den
Arm
und
höre
mir
seine
ihre
alle
Probleme
an
.
Ab hier
Aufnahme
starten
.

Politik der neuen Sachlichkeit

Viele Jahre zuvor hatte meine Großmutter das damals noch blühende, aber ihr fortan fremde Haus im Streit nur mit ihrem Koffer verlassen. Für die Fahrt heraus aufs Land kaufte sie am Bahnhof ein Ticket und eine Zeitung. Sie bemerkte dabei nicht, dass sie zufällig zu einer Ausgabe vom Vortag griff. Auf der Titelseite stand gleich unter den altaktuellen Schlagzeilen geschrieben, dass ihr ehemaliger Klassenlehrer nun politisch Karriere gemacht hatte und zum Verkehrsminister ernannt worden war. Ich glaube, dass sie später deshalb im Verkehr die perfekte Regulierung der angepassten Gesellschaft mit all ihren zwanghaften Freiheiten und ihren perfiden Schlupflöchern sah, die ihr keinen Schutz bot. Meine Großmutter fühlte sich damit endgültig negativ zur Stadt und der  menschlichen Politik verbunden.

Kattowitz I

17.10.17

___
Baugeruch, Staub, Trümmer
Spannung zwischen alten Gebäuden und Verfall und
Liebe.
Zwischen Herbstlaub strahlen die Kirchen.
Aus einem Lautsprecher klingt die Messe, ich bleibe
vor der Glastür hinter der Holztür im Zwischenraum stehen.

___
Fühle die fremde1 und sehe in den Blicken mein Vorurteil. Tue mich schwer in den Städten, wenn meine Sprache mir fehlt. Fühle mich hilflos und einsam. Isoliert unter Menschen, stelle mich an.
Stelle fest wie verwöhnt ich bin als aufgewachsener Europäer, der die Grenzen schon nicht mehr kämpft außer im eigenen Kopf.

___
War jetzt auf dem ersten Rundgang.
Gewöhne mich langsam an mich in der Stadt.
Es gibt diese Spannung sehr deutlich zwischen vergangener Arbeit und glücklichem Heute riecht man die Kohle.

————————————————————–
Auch hier meine ich gibt es ihn den Scherenschlag
der Potenz von Hilflosigkeit auf beiden Seiten der
Macht
___________________________________________________

War in der Bibliothek
Ausstellung
eigene Sprache
ein bisschen Zuhause
fühle mich wohler
___________________________________________________

habe noch nie, also lange nicht
so gesund gegessen.       nichts! aber gut!!2

___________________________________________________

hatte ganz vergessen, wie es ist, alleine zu
reisen

______
1. Sic!
2. Streichungen bei Übertragung am 22.10.2017

Greater Thunfisch

Nächstes Jahr
mache ich alles
was ich dieses

komm schon
keine Pläne
keine Szenarien
keine Studien
bisschen leben
dann Katastrophe
* game over * pling
mit Karacho
schießen wir
die Katastrophe
heute ins Weltall
und hoffen
dass uns
der Himmel
nicht doch noch
auf den Kopf
fällt
aber wenn es
wirklich
wirklich
wirklich
klappt
und
wirklich
wird
dann
wird
es
großartig
werden
versprochen
dann gehen
wir
alles
gemeinsam an
und hassen uns
nicht mehr
schnauzen uns nicht mehr so an
Ideologien überwinden
Konflikte lösen
Probleme erkennen
gemeinsam
neue
Innovation
durch
Liebe
begründen
und
ob
groß
oder
klein
die
Gewalt
wird
Vergangenheit sein

nur die Menschheit
zählt

und alle Geschlechter
leben vereint
jenseits der Armut
und nur
Prinzen und Prinzessinnen
weinen über
ihre
verlorene
Rollenfunktion

Happy New World
Habt euch mehr lieb
– alle.

Ich setze fünf Mark
auf 2023.

Zeichenlos glücklich

Ich stehe bei REWE an der Kasse
und warte auf das Signal
bin an der Reihe
meine Einkäufe liegen
sorgfältig geordnet
auf dem schwarzen Band
das mir nun
entgegenkommt
die Kassiererin
ist nicht neu
aber wir kennen uns nicht
selten gesehen
aber es gibt
einige neue Gesichter
hier haben viele gekündigt
manche von ihnen
habe ich längst vergessen
neulich bin ich
in einer ruhigen Minute
noch einmal
die letzten zehn
Jahre durchgegangen
relativ unsystematisch
aber das war mir auch egal
manche habe ich
wiedergefunden
.
Nun stehe ich
mit meinem Rucksack
in schwarzer Montur
hier und warte darauf
dass ich alles einpacken
kann und bezahlen
muss ich auch
insgeheim hoffe ich
dass mich heute
niemand
beobachtet, denn
ich kaufe heute
FISCH
er ist
im Angebot
.
Die Katastrophe
verhindere ich
heute nicht
und vermutlich
scheitere ich
an alter
Gewohnheit
oder inzwischen
einfach am Alter
Gewohnheit
brauche ich
um nicht völlig
verrückt zu werden
mit den ganzen
Veränderungen
in der Welt
die heute
früher immer
besser war

allerdings
braucht das
deutsche ‚immer‘
gewisse
Gedächtnislücken
es ist eine
fragmentarische
Akte
die Mäuse
haben das
Schicksal
gefressen
.
In einer
unverhofften
Minute
stehe ich
sehe
dich
unbedacht
ohne Kopfhörer
bin
zu selten
im Raum
höre etwas
denke an
damals an
Mülheim den
Rhein den
Sommer und
das du, das ich
den Dialog
die Zeit
die Stunden
die gut waren
die echt waren
liebevoll kurz
jugendlich
glücklich
das war
früher
wie wird
das
Früher heute
erwachsen
ich bin
neugierig
und
überrasche
mich
selbst
Supermarktgeräusche einspielen
.
Jetzt hat mich
der Flashback
einfach so
gegen die Wand
gefahren wie
gut wie
spontan wie
das Leben
mich trifft wie
treffen wie
getroffen wie
werden wie


ich weiß nicht
du wusstest
er, sie, es wissen
auch nichts
zumindest
glaube ich
das
bilde mir
ein
stehe wie
ein
Astronaut
im neuen
Kostümladen
in den
Arkaden
und suche das
passende
weiße Hemd
oder
T-Shirt
und warte
dass
das Vakuum
sich ergibt
und mich
bedient

keine
Chance
.
Es fühlt sich
ganz echt an
verrücktes Leben
verrückter Mensch
verrückt war’s eigentlich
gar nicht so sehr
eher das Gegenteil
gut wars und dann
wars halt rum
und jetzt ist’s
noch da
unbefangen
holt es mich
manchmal zurück
und das Jetzt
trifft sich mit
dem Gestern
im Morgen
und sie sagen
sich
vermutlich
nur
dass es noch da
ist, dass du
noch da bist, dass
ich noch da
bin
und ich will auch
aber wollen
geht oft auch
einfach nur
schief
aber
nun sind wir
anders
und
zusammen
und
glücklich
und derweil lächelt
die Kassierin
mit all den Leuten
und fragt mich
ob ich
mit der Karte bezahle
und ich zucke mit den Schultern
und warte darauf
dass da noch mal was kommt
aber das Band ist gerissen
schwarze Luft
atmet mich
aus
kein Payback

die Erinnerung
dann du, heute
dann check ich das erst
dann ist es schon vorbei
und ich merke
dass morgen
schon wieder
ein Jahr weniger
mehr wird
für uns
also wird es
Zeit
dass wir uns
noch mal
begegnen
und dann
erinnern wir uns
noch mal daran
dass es morgen
nur schön wird
und nicht schwer
und nicht leblos
sondern
authentisch
wenn du sagst
wo es lang geht
und der Rhein
uns begleitet
.
Ich habe eine Frage
wenn du das nächste Mal
in meinem Rücken lauerst
werde ich vorbereitet sein
und vermutlich
falle ich dir
einfach
in die Arme
und rieche
den Frühling
in deinem Blick
und schmecke
den Sommer
in deiner Stimme
und du bist längst
so schön anders
wie ich
bunt wird der
Winter

in der Kälte
wartest du auf
und ich bin froh
dass das endlich
einer macht
einer zugibt
einer genauso
wartet
wie ich
auf den Menschen
der früher
in der Welt war
und heute noch ist
aber irgendwie
aber irgendwo
verloren gegangen
zu sein scheint

und dann ist da
etwas
manchmal
bleibt er
und auch sie
bleiben wir
einfach unsichtbar
zurück
wie das Sediment
die Natur
im Hintergrund
glückliche Elemente
sind zusammen
für den Moment
der
ganz sicher
bald
kommt
und dann
sind wir
im Untergang
vereint
aber
nicht so
alleine
.
Ich bezahle
mit der Karte
höre die Stimmen
der anderen
die alle anders sind
aber nichts hören
leblos
verglichen zu deiner
und
mein Rucksack
trägt mich
nach Hause, nachdem
ich
die Rechnung
für heute
beglichen
habe
und der Frau
hinter der alten
Coronaschutzvorkehrung
einen guten Rutsch gewünscht
habe
von Herzen
und sie
mir auch
und jetzt warten wir beide
auf den nächsten Menschen
der zwischen den Waren
uns in der Welt
gemeinsam
ein Lächeln verschenkt
etwas von sich
gegen das Fremde
der Supermarkt
lässt uns zurück
und dann
bin ich
zu Hause
und schreibe
noch ein paar Zeilen
in das Fotoalbum

der letzte Fisch
ist im Ofen.

Heute ein schönes Gedicht schreiben

Die Blütenblätter
müssen herhalten
sie bilden einen Zirkel
der Verschwörungskreis
ist am Kelch
durch den Stempel
verbunden
die Blume
wird
wirklich
bürokratisch
verwaltet
vom Blütenboden
aufwärts
an den Kelchblättern
vorbei
die Kronblätter
seitwärts
das Staubblatt
hinein
der Stempel
im Zentrum
auch der zweite Durchlauf
die Grafik beschreibend
macht nicht klar
was das vor mir ist
sie bewegen sich
mit dem Licht
durch den Tag
für ein paar Stunden
gehen zusammen
verschwistert
kein Streit
im Blau
die Zeit
eine Achse
der Koalition
ohne Streit
oder Reue
trennt man sich
wenn es vorbei ist
sein muss
für das Neue
und dann
war es
zusammen
irgendwie
schöner
als
singulär
.
Memo an das ›Ich‹
Blumenladen besuchen
Schnittblumen meiden
möglicherweise besser:
Blumenwiese suchen
– und hinlegen.

Ab hier Erinnerungsfunktion
– einfügen:

Schön ist die Welt
Blau / Grün / Gelb.