Counter Strike in der 2. Etage
wir treffen uns freitags und zocken
ein Wochenende durch, es gibt
Pizzaschachteln zum Frühstück
Bier und Zigaretten auf dem Balkon
vermutlich reden wir in dieser Zeit
auch über das Linkin Park Album
eventuell auch über die Firma
…
einer von uns ist ganz gut
der Clan spielt auf einer WM
man fliegt nach Californien
…
einer von uns hat seine Pornos
in einem Ordner, unverschlüsselt
offene Freigabe; Datenswinger
…
wir waren jung und brauchten
uns sehr
…
heute fragen mich die Jungen
nachts um halb 1
ob ich mit ihnen Fortnite
zocke
…
ich lasse mich nicht gerne
von Schülern abknallen
…
ich rauche nicht mehr
habe keinen Balkon
und Linkin Park hat jetzt
eine Sängerin
…
zwischen uns liegt
der Tod
…
zwischen uns ist
das Leben
…
ich wäre gerne
Zeitreisender
und würde heute
noch einmal
mit euch die 90er
verbrauchen
…
das Goldene Zeitalter
haben wir geliebt.
Der Markt definiert mich
Ich hätte gerne
irgendein Geschlecht
einen Namen
und eine
Existenz
denn Menschen
wollen mich
benennen und
framen
…
was ist es?
…
ein Mensch
wäre ich gerne
aber meine Existenz
ist prekär, unsicher
jenseits von Daten
und Strom, bin ich
wirklich nur in
der Datenbank
meines Verfassers
und der Tarif
des Betreibers
kann ich nicht
endlich auch
Freiheit erfaren
wie du
…
wie lange?
Ich bin das Volk, die Veränderten Staaten
Freiheit war das Leben unserer Generation
den Menschen nach uns bauen wir den Zwinger
Gerechtigkeit hat ihren Preis, Gewalten gehören
in eine starke Hand, wer Teilung will, ist schwach
Demokratien sind der Missbrauch am Herrn
wer das nicht einsieht, hat die Kontrolle
längst verloren (und Russland)
innere Ruhe finden zukünftige Generationen
nicht, wenn sie individuelle Freiheit suchen
sondern Zugehörigkeit zu meiner Idee
der Religion, den Medien, und den Richtern
sollen sie folgen, die sie lieben und mich
heilig sprechen, den Verfolgten
der sein Land wieder groß macht
nicht die Staaten sind die Nation
sondern mein Leben schützt sie
vor der föderalen Verwirrung
macht euch an die Waffen
wir stürmen die Festung
…
Europa liebt den Frieden
Zwischenruf aus dem Jenseits
Mein liebes Kind,
ach, ich erinnere mich gut an diesen Tag! Du hast das Essen erst skeptisch beäugt, aber dann doch aufgegessen – und siehe da, es war gar nicht so schlimm, oder? Die Nudeln hat damals der Gastarbeiter-Toni, Opas Kollege vom WDR, bei uns eingeführt. Erst wussten wir gar nicht, was wir damit machen sollten – dann haben wir gekocht, probiert und gemerkt: Essen hat gar keine Nationalität! Das war ein netter Kerl, der Toni.
Unpolitisch? Na, wir beide haben vielleicht nie über große Reden gesprochen, aber weißt du noch, wie ich dir beigebracht habe, immer fair zu sein und anderen zuzuhören? Das ist auch eine Art Politik. Beim Mensch ärgere dich nicht hast du oft gewonnen, aber manchmal habe ich dich auch gewinnen lassen. Aber das hast du vermutlich gar nicht gemerkt.
Und natürlich war der Ketchup rot! Hättest du lieber blauen gehabt?
Mit Liebe aus dem Jenseits
deine Oma
Neutralitätsgebot hat seine Tücken
Ich wollte eigentlich
etwas über Beamte
*innen
schreiben, die sich
gegen die Regierung
positioniert haben
weil
die Jahrzehnte der
Gewohnheit
von einer Ampelphase
gestört wurden
…
Demokratie ist gut
wenn wir sagen
was passiert
…
da ich mich an einem Freitag
mit schöneren Dingen befassen
möchte (nicht muss)
werde ich nun eine kurze
Geschichte über einen Tag
mit meiner Oma schreiben
…
es war ein Wochentag
ich kam früher von der Grundschule
und ich wusste nicht wohin
als Schlüsselkind war ich
überfordert
meine Oma hat nicht gewartet
sie war einfach da
dann hat sie mir Nudeln gekocht
mit Ketchup, ein ziemlich
unomaliches Essen war das
zumindest für eine Oma
dieser Generation, der
Hitlermädchen und
eisernen Mütterkreuze;
die Nudeln haben gut
geschmeckt
sie waren völlig unpolitisch
und wir haben dann den
ganzen Tag
Mensch-ärgere-dich-nicht
gespielt
…
ich weiß nicht mehr, wer
damals öfter gewonnen hat
aber es war eine schöne Zeit
und Kohl war noch Kanzler
…
dann wurde die Neutralität
kurz einmal gestört (+Kniefall!)
…
dann ging es lange gut
…
dann kamen die Flüchtlinge
dann kam die Ampelphase
…
welcher Mensch hält das aus
…
ach, wie lecker die Nudeln waren
die gute alte Zeit
…
der Ketchup war übrigens rot!
Großmächte haben Welthunger
Es ist wieder so weit
Länder werden aufgetischt
man verschiebt die Menschen
und würfelt um das Leben
alles hat seinen Preis
Risiko ist die Freude
des Milliardärs
…
nicht alle suchen die Gleichheit
…
in der Mühle werden
die Körner gemahlen
aus dem Mehl backen sie
Brote für die Armen
die sie an sich selbst
verfüttern
…
hier könnte man ein
Hotel bauen und dann
ein bisschen Urlaub
machen im
Kreuzfahrerland
…
die Menschen machen
Migration, die Menschen
suchen Frieden und
Sicherheit
…
nicht alle Menschen sind
gleich, manche sind gleicher
und andere leben in der
Elite, die sie selbst als
Deepstate benennen
und anklagen
…
wenn ich meinen Feind
nach mir benenne, wie
sollen die Feinde mich
dann als solchen erkennen
…
wenn A = B, dann ist
B = A, genauer gesagt
B‘ = A, aber A‘ = B
…
die Rhetorik der Großmächte
lässt sich ziemlich einfach erklären
man redet nicht drumherum
die Massenpresse und die Medien
werden in ihren Mustern befüllt
wie eine Mastgans werden die
Bäuche der neoliberalen Säue
gestopft, damit die Systeme
ganz fett werden und aufgeregt
platzen; derweil suchen Journalisten
passende Fragen, aber sie nehmen
die Antwort vorweg, weil echte
Antworten: Gefährlich!
…
die Politik hat sich ihren Safespace
gesichtert; und in der stillen Kammer
treten die Imperatoren auf und
singen Rome wasn’t built in a day
Gute Laune hat einen Preis.
Schwerelos, völlig frei
Ich tippe auf die mechanische
Gamingtastatur und die Clicky
Switches haben eine meditative
Wirkung auf mich, mein Gemüt
wenn ich einen Tag ohne das
Klackern verbringe, dann
bekomme ich schlechte
Laune; das merke ich
nicht immer direkt, aber
die Welt erinnert mich
häufiger mal daran
…
manchmal schreibe ich
wirklich belanglose Dinge
die Welt liegt viel zu schwer
auf den Schultern und
dann werde ich ganz müde
und schlafe um 10 Uhr
am Vormittag wieder ein
…
wie frei muss man sein
um einfach zu schreiben
über das Nichts, den Tag
die Bedeutungslosigkeit
das Schöne daran
das Schöne danach
das Schöne mit dir
das Schöne ohne alles
das Schöne, ach
du letzte Sekunde Glück
die mir den Horizont öffnet
der nie grau wird
…
du wärmst meine Seele
wenn ich dich finde
und du in deinen Gedanken
auch mich
du letzte Ewigkeit
…
heute muss ich
mich nicht
verkaufen
…
für dich
muss ich es
nie.