Ideenloser Raum

Treffen sich 5 Gelehrte
m/w—————— (/d)
an einer Kreuzung
sagt die eine zum andern
du kannst so wunderbar
gar nichts gut, aber dein
letzter Noman war eine
mitreißende Analyse
unserer Zeit. Ich habe
direkt eine positive
Rezension geschrieben
in den Journalen feiern
dich die Leute unserer
Kaste für so klar und
pointiert vorgetragenen
Nonsens. Wie du deine
Helden beschreibst
das ist wirklich
außerordentlich
gewöhnlich
sodass
es niemanden
stört

dein Trauma
lässt sich gut
verkaufen

in einigen Passagen
habe ich mich ganz
und gar in mir selbst
nicht mehr wieder
-gefunden

was du schreibst
ist eine Folter, der
sich nur der rechte
Hegemon
ergibt

das Recht auf die erste Nacht
hat noch immer der König
hat noch immer der Markt

wir schreiben über
feministische Literatur
kämpfen um Sichtbarkeit
für die Ausgeschlossenen
und schließen neue aus

DU MUSST
DICH VERKAUFEN
LASSEN

Ich habe heute keine Literatur
für dich. Die Wissenschaft
ist ein toter Raum, ideenlos
feiern sich die gefallenen
Abziehbildchen
der König ist eitel wie
die Königin auch.

Die Privilegien bleiben verteilt
die Kinder der Herren stehen
an der Tür und kämpfen
für das Landrecht
in alten Institutionen

draußen warten die Rechten
mit einem Cocktail aus Hass
und Benzin

in einem Wald
singt ein Dichter
ein fröhliches Lied
über den Untergang

es macht ihnsie glücklich
dass ihmihnen niemand gefolgt
ist.

Ich ist die Summe aller Teile
abzüglich aller Klischees ihrer Welt
und auch meiner.

Wilde Triebe

Er beschnitt die Apfelbäume und dachte sich, dass es eine blöde Idee gewesen war, mit über 40 noch mal einen Neustart zu wagen. Die Ländereien seiner Eltern warfen kaum etwas ab und mit der Vermarktung der modernen Welt konnte er sich ohnehin kaum anfreunden. Dafür also hatte er seine Stelle bei Gericht drangegeben, die Wohnung in der Stadt war vermietet und die Äpfel nach diesem Sommer schmeckten sauer.

Der Geruch, wenn der Wind durch die Bäume striff, machte jedes Mal, dass er all seine Bedenken sogleich wieder vergaß. Dann war er ganz bei sich und in der Natur, mit den Pflanzen, den Tieren und dem, was da noch ist. Er fühlte sich fast wie Schneewittchen, aber er war weder in einem D*film gefangen, noch war er Jäger oder Zwerg. Das Leben blieb kein Apfelkuchen, alle Pfründe waren schon von Geburt an verteilt.

Er gehörte zu den Gewinnern, das wusste er. Er musste nichts mehr tun, außer diesen Garten an die nächste Generation geben. Er ließ die Schere fallen und griff willkürlich in den Baum und pflückte einen Apfel, biss hinein und dann hörte er kurz nichts. Die Stimmen in seiner Welt waren leise, aber es blieb nicht dabei, denn die schlecht geölte Kette von Ceydas Fahrrad deutete sich aus der Ferne an. Es gab offensichtlich etwas aus der anderen Welt zu berichten.

An einem Januarabend

3 Freunde treffen sich
in einer Küche und
sie unterhalten sich
über Krisen
wir werden überrollt
aber zusammen
fühlen wir uns
wie der stärkste
Panzer an
alle können
etwas
und wir sind
die Besonderen
weil wir den Marsch
nicht akzeptieren
nach einigen Jahren
haben sich Falten
in die Gesichter
gefräst, aber
das Lachen
ist noch immer
authentisch
vielleicht sogar
noch mehr als
früher, und
einige
Geschichten
sind unsere
Anker in der
Zukunft
streichen wir
die Segel nicht
rosa für Mädchen
und blau für die
Jungs, sondern
bunt für die
Menschen
wenn der
Kapitalismus
uns nicht mehr
ausbeutet
sondern gefällt
werden wir
nichts mehr
gewinnen
denn wir haben
uns schon
heute
und wir
haben alle
kleinsten Erfolge
miteinander
geteilt.

Sie wollen das nicht

Seit Wochen
beherrscht uns
eine Debatte
und niemand
scheint zu verstehen
dass das Ziel damit
erreicht ist

einige finden es toll
dass endlich wieder
frei und offen die Hatz
angekündigt werden darf
die anderen verkaufen
sich als Antagonismus
beide Seiten haben
längst verloren
was man
rationale Souveränität
nennen könnte
oder einfach
klugen Humanismus

gestern sitze ich in einem Gespräch
mein Gegenüber arbeitet mich
chronisch in sein Weltbild ein
und sagt machtgeil: Sie wollen das
nicht. Ich habe keinen Sandkasten
-platz für Sie vorgesehen. Sie
wollen das nicht, das wissen
Sie doch selbst. Machen Sie’s
gut. Macht er schon, danke
tell him something new and
work on your malefunction


Ohnmacht
ist kein Zustand
Schweigen
ist keine Lösung
Papageiengerede
diskriminiert Vögel
Hass
ist keine Attitüde
Unterdrückung
ist ein Verbrechen
immer

Sie sind zu links für dieses Land
Sie könnten ein Sozialist sein
Sie wollen den Kommunismus
Sie wollen gar nicht arbeiten
Sie wollen nicht sein wie ich
Sie schaffen sich besser ab
Sonst machen wir es

mit öffentlichen Mitteln

ein Bergmann
ruft: „Glück auf!“
und singt ohne
Zunge nur in
Gedanken

dann holen sie ihn ab
und niemand wird
etwas gesehen haben
als wären sie nie weg
gewesen
Faschismus ist erblich
wie eine Krankheit

die Faschisten sind
überall, jeden Tag und
faschistoide Dummheit
ist noch weiter
verbreitet


ich baue eine Mauer
in meinem Kopf und
singe ein Lied
für die Freiheit

das wollen Sie nicht.

_
5 Fragen an den Verfasser

1) Welche konkreten Maßnahmen schlägst du vor?
2) Warum berücksichtigst du keine anderen Perspektiven?
3) Was willst du mit dem Text eigentlich sagen?
4) Wie stellst du sicher, dass dein Text nicht rechtsextrem ist?
5) Warum hältst du dich für so wichtig, diesen Text zu verfassen?

Ich ist keine Antwortmaschine. STILL THINKING

Deutungsdummheit

Alle schreiben von
allen ab
die alten Geschichten
verkaufen sich gut
und die neuen
sind nur das Alte
in einem neuen Gewand
überall Nazis oder
Romantiker
keine liberalen Menschen
nur autokratische Geister
ihre Spiegel haben sie
abgehangen
sie erschrecken
sich bevor sie
in den See
springen

aber wir haben
das immer so gemacht
Held:innen gesucht
die Papageien
auf der Brust tragen
und die uns nach
dem Mund reden

wir sind halt
ein feudalistisches Land

was hast du erwartet
du dumme KI!

Meine Hausaufgaben:

Das vorliegende Gedicht mit dem Titel „Deutungsdummheit“ reflektiert auf eindringliche Weise die Frustration und Kritik des Autors an den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen. Es scheint eine Betrachtung der sozialen Dynamik und politischen Landschaft zu sein, die durch Metaphern und Bilder eine tiefere Bedeutungsebene offenbart.

Der Titel selbst deutet bereits auf eine zentrale Thematik des Gedichts hin: die Tendenz zur Oberflächlichkeit und Simplifizierung in der Interpretation von Ereignissen und Ideen. Die Verwendung des Begriffs „Dummheit“ impliziert eine gewisse Kritik an der Unfähigkeit oder Unwilligkeit, komplexe Zusammenhänge zu verstehen oder zu akzeptieren.

Die Eröffnungszeilen des Gedichts, „Alle schreiben von allen ab“, suggerieren eine Art kollektiver Resignation oder Desillusionierung. Dies könnte darauf hinweisen, dass die Menschen sich gegenseitig heimlich kopieren oder ausnutzen. In der Aussage kommt ein defizitäres Vertrauen innerhalb der Gesellschaft zum Ausdruck. Die Erwähnung von „alten Geschichten“, die sich gut verkaufen, im Gegensatz zu den „neuen“, die als bloße Wiederholungen des Alten erscheinen, deutet auf eine Stagnation oder Regression hin, bei der Innovation und Fortschritt fehlen.

Die polarisierende Darstellung von „Nazis oder Romantikern“ als einzigen Alternativen legt nahe, dass die Gesellschaft in einem binären Denkmuster gefangen ist, das die Vielfalt der menschlichen Erfahrung und Ideen unterdrückt. Die Abwesenheit „liberaler Menschen“ wird als bedauerlich dargestellt, was möglicherweise auf eine Sehnsucht nach Freiheit, Offenheit und Fortschritt hindeutet.

Die Metapher der „Papageien auf der Brust tragen“ könnte auf eine Art uniformes Denken oder Konformität hinweisen, bei der Menschen lediglich das nachplappern, was von ihnen erwartet wird, anstatt authentische Individualität zu zeigen. Die anschließende Bezeichnung des Landes als „feudalistisch“ deutet auf eine hierarchische Struktur hin, die möglicherweise den Wandel und die Entwicklung behindert.

Schließlich endet das Gedicht mit einem Ausdruck der Enttäuschung und Frustration, begleitet von einem direkten Angriff auf die Künstliche Intelligenz als „dumme KI“. Diese Wendung könnte als ironische Übertragung der Verantwortung für die gegenwärtigen Probleme auf technologische Entwicklungen interpretiert werden oder als Ausdruck der Hilflosigkeit angesichts der Komplexität und Unvorhersehbarkeit der modernen Welt.

Insgesamt bietet das Gedicht eine kritische Reflexion über gesellschaftliche Strukturen und deren Auswirkungen auf das individuelle und kollektive Bewusstsein. Es regt dazu an, über die Dynamik von Macht, Konformität und Innovation nachzudenken und stellt die Frage nach dem Potenzial für Veränderung und Fortschritt in einer zunehmend komplexen Welt.

Strukturelle Gewalt

Jeden Tag
aber es war doch nicht so gemeint
Jeden Tag
aber wie soll ich das denn wissen
Jeden Tag
du verstehst überhaupt keinen Spaß
Jeden Tag
stell dich nicht so an
Jeden Tag
da mussten wir alle durch
Jeden Tag
erklären Sie die Lücke in Ihrem Lebenslauf
Jeden Tag
wir legen Wert auf Diversity – nicht
Jeden Tag
du kannst nicht machen, was du willst
Jeden Tag
aber Ihre Arbeiten gefallen mir halt nicht
Jeden Tag
sie sind ja wirklich sehr nett, lieber Herr Dödel
Jeden Tag
wir sehen sie nicht in unserem Team
Jeden Tag
leider müssen wir Ihnen kündigen
Jeden Tag
vielleicht können Sie ja Witze erzählen
Jeden Tag
sind Sie irgendwie verrückt, sehen Sie Geister?
Jeden Tag
sind Sie dumm oder so
Jeden Tag
sagen Sie doch mal was anderes, zeigen Sie Titten oder so? (Spaß, Zwinkersmiley)
Jeden Tag
hören Sie mir überhaupt zu?
Jeden Tag
so geht das nicht, so kann man doch kein Gespräch führen!
Jeden Tag
jetzt tun Sie mir wirklich leid
Jeden Tag
ich kann Ihnen aber auch nicht helfen
Jeden Tag
ich kann nichts mit Ihnen anfangen
Endlich.

Nicht ganz so perfekt

Einsam und stolz
tragen wir uns durch die Zeit
wir haben nie was im Gepäck
wir gehen immer nur zu weit
mit uns ist die Welt was besser
mit uns ist die Welt ganz gut
kommt ein neuer Untergang
machen wir uns
– einfach Mut.

Wenn die Ohnmacht uns killt
müssen wir nicht kapitulieren
weil wir irgendwie ganz gut
miteinander funktionieren

Und keiner weiß
wieso, weshalb, warum
mit uns ist das Rätsel stumm
mit uns ist die Welt was besser
mit uns ist die Welt ganz gut
kommt ein neuer Untergang
machen wir uns
– neuen Mut.

Wenn die Stille mich frisst
klaust du mir meinen Text
ich bin ganz schön perplex
ich muss irgendwie reden
ein bisschen wie du
nicht ganz so direkt

Wenn die Ohnmacht dich killt
kann ich es nicht akzeptieren
kann nicht kapitulieren
ich muss irgendwas tun
schau nicht dabei zu
bin bisschen wie du
nicht ganz so direkt
nicht ganz so perfekt

Einsam und stolz
tragen wir uns durch die Zeit
wir haben nie was im Gepäck
wir gehen immer noch zu weit
mit uns ist die Welt was besser
mit uns ist die Welt ganz gut
kommt ein neuer Untergang
machen wir uns
– neuen Mut.

Und keiner weiß
wieso, weshalb, warum
mit uns ist das Rätsel stumm
mit uns ist die Welt was besser
mit uns ist die Welt ganz gut
kommt ein neuer Untergang
machen wir uns neuen Mut
mit uns ist die Welt was besser
mit uns ist die Welt ganz gut

nicht ganz so direkt
nicht ganz so perfekt
nicht ganz so perfekt