memo an die
eitelkeit
wichtig, ganz wichtig
dass man
indiependent
bleibt
denn wer so
opportun und
selbstgefällig
dass die Languste
die Auster küsst
erstickt an der Gräte
der eifersucht
…
schreib so
wie du fickst
oder iss öfter
mal ne gurke
zum frühstück
…
der Haubentaucher
hat den schnorchel entdeckt
er feiert die innovation
und legt sich
eine infusion
mit blingbling und
glitzer
strahlt die atomare
ewigkeit
im falschen lächeln
der preisträger:innen
und ihrer hofbegleitenden
die literatur sucht derweil
die exitstrategie
für die kritik
der vernunft
…
im hof
steht ein koffer
mit 10.000 mark
nimmst du ihn mit?
…
leistungsmenschen
maxkrusedilemma
popkultur
ökobauernhof
recyclingfascism
odereinfach
sauberbleiben
…
in der arktis legt das eis
eine schwarze weste
frei
…
sie wird meistbietend verkauft
an den jubel des identitären heimatvereins
der noch immer heldenlieder singt
und an der gulaschkanone über
die ‚zigneuerlösung‘ grübelt
…
einer hat sich entschieden
sie machen jetzt
gutetatenfürdiewelt
ohneinstaccountund
tikitiktoktakitika
…
ach, es ist so gutes wetter
auf der veranda
lieben sich zwei
libellen und ein delfin
wandert durch die tracheen
bis in den serverraum
um dort ein
käsebrot zu vernichten
…
dann zieht sich ein
kritiker eine brille auf
und ein professor sagt
es sei wirklich ein
herausragendes jahr
für neue gedichte
…
dann lieben sich
zwei buchstaben
und
produzieren
ein betabet
…
der keim erstickt
am komma
während ein
semikolon noch
die brücke der
bedeutung
restauriert
setzt der
punkt sich selbst
ein ende
…
kulturschaffende
feiern sich derweil
selbst und verleihen
fünf gelbe sterne
in deutschland
für
herausragende leistungen – schweigen
zur nationalen kultur – applaus
die kirschbäume blühen
ein vogel kackt auf
das zielfoto
und ein gabelstapler
sortiert die luft
für die klassengesellschaft
.
bleiben sie sauber
bleiben sie unabhängig
bleiben sie mensch
bleiben sie bedeutungslos
sonst droht der ruin
…
die grammatik führt
eine toxische beziehung
zu einer studienfreundin
und ein arzt sitzt daneben
und staunt
…
inzwischen sind sie alt
sie sitzen noch immer da
im fernsehen hält einer
einen pokal hoch
er hat statische gedichte
geschrieben
er ist der deutsche geist
den alle als heiligenbild
auf ihrer iris tragen
und niemand spricht
über das offene geheimnis
das innen, ganz tief
als hoffnung sitzt
…
ein fremdes königreich
erschießt zwei demokrat:innen
sie haben nur
eine anmerkung gemacht
…
ich habe heute kein foto
für dich, aber botox
…
eine leihmutter
verliebt sich in das kind
sie wird erschossen
…
der preisträger
hält den jungen
jubilierend in die menge
und er feiert die
märtyrerin
…
und sein gewissen
feiert sicht selbst
…
alle jubeln
…
der frühling
lässt mich vermuten
dass alles nur ein böser
traum ist, aber
sind träume nicht manchmal
die eigentliche realität
…
ein nashorn
freut sich in einem heißluftballon
darüber, wie schön das rheinland ist
und der ewige narr
singt ein lied ohne text
seine zunge wurde
für die ewigkeit präpariert
der mann
macht seine sache
trotzdem sehr gut
er ist ein
stachel im fleisch
der absolutisten, die ihre
kinder zum politischen
inzest verpflichten
…
morgen wird sich
alles ändern
…
ach, wie gut
dass niemand weiß
dass das alles nur
erfunden ist
…
der tennisschläger
ist beim eishockey
kein vorteil, aber
ein statement
…
einer lacht ohne zähne
und hält die rote fahne
in die luft
sie freuen sich
dass mal wieder einer
so viel liebe zeigt
und
drei kinder schreiben anmerkungen
in bücher von marx
und
erzählen niemandem
ihr dunkles geheimnis
…
sie werden sie jagen
weil sie Alternativen sind
sind sie eine gefahr
für wen eigentlich
…
schafft alle preise ab
sie machen nur
unglücklich
…
oder befangen
…
oder beides
…
das telefon klingt
unbekannte stimme
er sagt: „hallo hier kruse, wer da“
und sie sagt: „aber du hast doch angerufen“
er sagt: „hä, wie genial!“
eine dritte stimme sagt jetzt: „legen sie bitte auf,
wir erwarten einen wichtigen anruf aus
dem himmelreich der genies“
beide zeigen verständnis
und dann
reißt der kontakt ab
…
eine auskunft
gibt es nicht mehr
das telefon ist jetzt
ein autoscooter den
man trinken kann
…
ich schieße eine
Rose für Rosa.
Unbesiegbar
Es ist eine
ruhige Geschichte
wenn du die Flugzeuge zählst
denke ich an Erdbeermarmelade
und draußen liegt ein Hund
in der Sonne und denkt
an ein lustiges Katzenfoto
das Gemüse kommt frisch
von den Feldern aus
dieser Region und es riecht
nach Vitaminen und nach Natur
die Nudeln warten darauf
ins Wasser zu fallen
und die Sonne
kündigt den Sommer an
wir denken zusammen daran
drei Tage werden wir
uns daran erinnern, dass es
niemanden gibt
der uns das Salz nehmen kann
…
wir sind unbesiegbar
das Jetzt kocht sich weich
du kommst durch die Tür
es riecht nach Zuhause.
Einrichtungen
Mein Zeugnis
sagt mir und der
Abteilung Human Ressources
dass ich ein kluger Mensch
bin, aber kein Genie
eine Lücke in der
makellosen Biografie
findet sich immer
und ich habe Angst
dass mein geringer Status
noch geringer wird
die Verhandlungen
führen Verlierer und
der Vorstadt
erhöht seine Gehälter
um 15%
weil oder obwohl
das Defizit dieses Jahr
bei 297.200.403,10 Euro liegt
der Streik schafft es
in die Presse
die Arbeiter:innen
haben die Arschkarte
wie immer
…
alle wollen gerne
oben stehen.
Staub
Die Autobahn
führt hinein in die Stadt
die Menschen flüchten
in ihren Geschossen in
den Tag, die Arbeit
sie hoffen darauf
das Leben zu finden
und vergessen
dass es
nicht der Gummiabrieb
der Reifen ist, der
ihnen das
nächste Glück
ankündigt, sondern
der Moment
wenn sie
einen Parkplatz
gefunden haben
werden (Zukunft)
und ein Spatz
singt derweil
eine Hymne auf
das Tulpenfeld.
Dialog zwischen zwei Büchern
Sagt der Schamoni
zum Zaimoglu
lass ma zusammen was
machen, was starten
was dichten oder
so richtig krassen
Scheiß grabben
…
„Man wird sich fragen, woher ich das so genau weiß.
Ich bin keine Nutte oder so.“
Banu, Barfrau, inzwischen vermutlich nicht mehr 33
…
„Wir sind die Band. Wir spielen hier heute Abend.“
Er schrubbt weiter die Gläser.
Irgendwo in Dortmund, vor einiger Zeit (fiktive Realität).
…
„Wir pusten in ein langes, grobes ofenrohr.“
Mehmet, damals 29, seinerzeit Dichter, heute Held?
…
„Drüsen, Botenstoffe, synaptische Kontakte, ein dunkler, weicher Dschungel aus organischen Verbindungen in meinem Inneren. […] Ich trage nur noch schwarz.“
Schamoni 2007, professioneller Dorfpunk, begnadeter Musiker, für immer Legende
…
Was kann man aus der Literatur lernen
fragen sich zwei alte Lehrerinnen
auf einer Parkbank in Köln-Mülheim
…
die Antwort geht unter
weil gerade ein Bus vorbeifährt
die Straßenbahn bimmelt
einer schaut auf sein Handy
eine andere auch
das Ungeborene auch
jemand liest ein Buch
er hört CDs mit einem Discman
er ist ein Gott, eine Sie oder
einfach ein geschlechtsloser Engel
der sich so durchschlägt
als Held der Erzählung
und er verkauft sich (früher)
und heute Chrystal
seine Geschichte
singt er dem Rhein vor
…
„Kämpfen oder Klappe halten […] Es ist schon komisch mit den Deutschen. Sie kommen und beobachten stundenlang, aber wenn man sie anredet, dann laufen sie ganz schnell raus.“
Mihriban, 30, Gemüseverkäuferin [ihrer Zeit voraus!]
…
„Übrigens, vergiss die Kinderfunke und ruf mich an, wenn du magst: 4393784 – Mia.“
Mitschrift von Rocko offensichtlich veraltet oder Zahlendreher drin. Selbstversuch gemacht, geht keiner ran… Mia, wo bist du?
…
Der Rhein sagt
es gibt heute keine
sichere Wahrheit mehr
aber es gibt in jedem Fall
irgendwo eine
unsichtbare Quelle, die
irgendwie real sein muss
…
irgendwo muss das
ganze Wasser ja
herkommen, aber
letztes Jahr war es
schon weniger
was passiert
wenn die Quellen in
der Zukunft nicht mehr
liefern, dann
denken wir uns
was auf, dann
erzählen wir von der Stadt
die damals am Fluss lag
und gehen barfuß
über den Schotter auf
die andere Seite.
Der Inhalt konnte nicht gefunden werden
Diverse Angaben
perfekte Lebensläufe
gelungene Textproben
bedeutsame Anlagen
wichtige Verträge
und Gutachten
von herausragenden Menschen
all das kann dem Antrag
nicht beigelegt werden
da er nicht gestellt wird
denn er wurde nicht
gefunden
Aufgabe hat sich somit
erledigt
das Kunstwerk
muss somit
nicht bewertet werden
danke für gar nichts
und
für den freien Tag
viele Grüße an
die Jury.
Machtkomplexe
Spieler vor Fantribüne
sorgt für
erhitzte Gemüter
schlechte Verlierer
treffen auf fragwürdige
Gewinner
…
es ist ein
seltsames Spektakel
patriarchaler Komplexe
und die Mächte die
hier wirksam sind
sind bedingungslos
auf Unterwerfung
ausgerichtet
wer Gewinner sucht
produziert Verlierer, das
ist die wenig
seltsame Wahrheit
und irgendwo
glaubt noch jemand
an Menschenrechte
und Inklusion
der Leistungssport
kennt nur das Recht
der Stärke
finde dich damit ab
das ist Evolution
…
unter der Woche fast
geheult, wie ein ›Mädchen‹
schlechte Verlierer
treffen auf, vielleicht
fragwürdige Gewinner
es ist nicht gut, wenn
man Macht akkumuliert
über Jahre, Jahrzehnte
das Geld lässt
keine Gleichheit zu
sondern Unterschiede
…
wer das Erbe antritt
glaubt schnell, dass man
ein Recht auf die Lücke hat
die Dominanz der
funktionierenden Figur
die Marionette, mit der man
glaubt, dass man eine
freie und egalitäre Person ist
obwohl man doch nur
in den Fängen der
globalen Maschine
ein Spiel für das Volk
produziert
…
der Vater holt
den Jungen
vom Sportplatz ab
er ist nicht mehr da
sondern im
Nachwuchsleistungszentrum
beginnt die Auswertung
seines Potenzials
und das Programm stellt
fest, dass er bis zur B-Jugend
brauchbar ist, danach
wird das Kind egal sein
verbraucht und
verloren in der Hoffnung
ein Auserwählter zu sein
…
bringt der armen Sau
mal in Ruhe ein Bier
und ein Leben
es ist doch nur Fußball
und (noch)
kein Faschismus.