In drei Tagen

Komm, wir gehen
dorthin und dann
wird es uns
nicht wieder
trennen

du hast
vergessen
dass wir
kein
dorthin
mehr
haben

wir haben
nur hier und
jetzt

na gut.

Schattenspiele im Wald

Es war einmal ein kluger Fuchs namens Ferdinand, der in einem Wald voller vielfältiger Tiere lebte. Die Tiere des Waldes hatten sich zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen, um ihre Interessen zu vertreten und für ihre Rechte einzutreten. Ferdinand war ein Mitglied dieser Gemeinschaft, die von einem Ratsgremium geleitet wurde.

Der Waldstaat hatte einst die Idee gefördert, dass Bildung und Kultur für alle zugänglich sein sollten, um eine gerechte Gesellschaft zu schaffen. Doch mit der Zeit entstand eine Unwucht und die Tiere blieben oft ungebildet und unpolitisch. Manche glaubten dennoch, dass sie klüger als die anderen waren und fühlten sich deshalb zu Höherem berufen.

Man hatte sich über die Jahrhunderte an vier Jahreszeiten gewöhnt. Doch seit einigen Jahren kam eine fünfte Jahreszeit hinzu, die alles durcheinanderbrachte. Einige suchten nach den Ursachen und vermuteten, dass die intensive Rodung der Baumbestände zu viel Sonne auf den Waldboden brachte. Andere vermuteten eine göttliche Kraft, die sich gegen das Waldvolk verschworen hatte.

In den Institutionen des Waldstaates geriet inzwischen alles durcheinander, weil die Waldbesiedelung völlig umgekrempelt wurde. Die Schattenplätze wurden rar, der ganze Wald war plötzlich in Bewegung und die alte Ordnung wurde umgestoßen wie ein Holztisch voller loser Blätter. Natürlich verstanden sich die Tiere untereinander nicht sofort.

Der kluge Fuchs Ferdinand fand, dass die Gemeinschaft der Tiere, trotz ihrer guten Absichten, nicht alle Mitglieder gleichermaßen repräsentierte. Ferdinand, der die Sorgen und Nöte vieler Tiere kannte, fühlte sich von der Gemeinschaft nicht angemessen vertreten.

Der Rat und der Waldstaat, die einst für Gerechtigkeit und Chancengleichheit standen, schienen nun die Interessen der Unsichtbaren zu vertreten, die die feudalen Machtstrukturen nutzten. Die kapitalistischen Patriarchen beuteten alle aus, wobei einige etwas weniger ausgebeutet wurden als andere.

Ferdinand verstand, dass man als Waldgemeinschaft nicht in der Lage war, sich dem Kampf gegen diese mächtigen Strukturen zu stellen. Gleichzeitig war der Wandel bereits in vollem Gange und als Vertreter des Staates musste man längst täglich neue Wege finden, um die alte Hoffnung auf Gerechtigkeit wiederherzustellen.

***

Eines Tages beschloss Ferdinand, den Tieren im Wald einen offenen Brief zu schreiben.

Yo, liebe Leude im Wald,

ick bin der Ferdinand, dit schlaue Füchslein, wat hier in’n Wald für‘n Waldstaat ackert. Wisst ihr, dit war mal ’ne honore Idee, dass alle hier im Wald die gleiche Chance ham sollten, wat Wohnung, Essen, Bildung und Kultur angeht. Aber ick sag euch, det lief zuletzt nich mehr.

Ick hab’n guten Job, aber die Jungs und Mädels, die dit Ganze schmeißen sollen, die sind oft voll überfordert, stur und unpolitisch. Und se verstehen nicht dit sich allet ändert, dit is voll Banane. Weil et manchen och noch zu jut jeht, aber andere eben nich. Et is alles aus’m Gleichgewicht wie überall. Alles voll im Dispo, aba noch nich janz abgerauscht.

Mittlerweile hat sich ’ne Schicht rausgekristallisiert, die sich durch fancy Shopping celebriert. Und ick jehör ja dazu…

Aber ick hab och dit Gefühl, ick mach mit bei ’ner Show, wo ick am Ende weniger Kohle ziehe. Dit is double frustrating, ick muss de Jewinnern helfen, aber jehör och nich‘ zu de wirklich arme Leute.

Mit ’nem schweren Kopp sag ick Tschüss und such mir ’nen neuen Weg, um uns hier im Wald mal janz anders zu verstehen.

***

BEKANNTMACHUNG AN DIE EINWOHNENDEN DES WALDSTAATES

Die in dem Schreiben von Fuchs Ferdinand enthaltenen Inhalte manifestieren offenkundige Anhaltspunkte für eine Desavouierung der herkömmlichen Regularien und Standards des hiesigen Gemeinwesens und ergo eine latente Gefährdung der sozialen Ordnung sowie der strukturellen Stabilität.

Der Initiator des genannten Schriftstücks, Ferdinand, hat sich offen gegen das übergeordnete Beschlussorgan und die konstituierten Ordnungsprinzipien des Wohn- und Gemeinschaftsraumes „Waldstaat“ positioniert.

Als Konsequenz wird festgehalten, dass das Handeln dieses Taugenichts als potenziell destabilisierend für das gemeinschaftliche Wohlergehen interpretiert werden muss. Eine unverzügliche Separation und Transferierung in eine geeignete Institution zur psychologischen Behandlung wird angeordnet.

Nachahmenden wird gleiches widerfahren.

Ein dreifaches: Glück Kauf!

***

Dort sitzt er nun, der Deserteur, die Wände halten seinen Geist zusammen. Die Ungerechtigkeit überwacht ihn täglich und das fühlt sich wie eine neue Ewigkeit an. Tage verschwimmen in einer tristen Monotonie, doch der endlose Wirbelwind im Kopf sucht die Freiheit im Fuchsbau. Die Harmonie des Urwaldes und das Rauschen der Bäume bleiben in der Erinnerung ein brennendes Licht. In der Phantasie lebt die Hoffnung auf Gerechtigkeit.

Alte Muster; neue Weisheit

Ich wurde gezeugt
Ich wurde geboren
Ich wurde bestimmt
Ich wurde benannt
Ich wurde ernährt
Ich wurde gewickelt
Ich wurde geliebt
Ich wurde erzogen
Ich wurde ein Kind
Ich war im Kindergarten
Ich sollte blau malen
Ich sollte mich prügeln
Ich sollte so sein
Ich war mehr für lila
Ich ging in die Schule
Ich wurde zum Freund
Ich war Teil einer Gruppe
Ich war gar nicht schlecht
Ich ging auch zum Fußball
Ich war nicht sehr gut darin
Ich war gut ohne Erwartung
Ich war nicht das Muster
Ich war nicht der Lehrplan
Ich war nicht gewollt
Ich war nicht im System
Ich ging trotzdem weiter
Ich ging zur Schule
Ich lernte zu verlgeichen
Ich lernte zu messen
Ich lernte zu streiten
Ich lernte zu verlieren
Ich lernte die Systematik
Ich wurde zur Randfigur
Ich war damit glücklich
Ich wurde gefördert
Ich wurde anders
Ich wurde kein anderer
Ich blieb ihre Erwartung
Ich machte alles so weiter
Ich genügte nie den Blicken
Ich war Orientierung
Ich war der Tritt nach unten
Ich war ihr Hoheitsgefühl

Ich breche hier ab
Ich war alles für sie
Ich war nichts für alle
Ich war alles nie wirklich

Ich bin Ich, 1. Person Sg.
Ich bin frei, selbstbestimmt
Ich bin dennoch abhängig
Ich bin kein Funktionär
Ich bin nicht ihr autistisches Weltbild
Ich bin kein Kapitalist, besitze nicht
Ich bin keine hegemoniale Idee
Ich bin kein Nazi und kein Bürger
Ich bin kein feudaler Lehnseid
Ich bin kein Deutscher in diesem Sinne
Ich bin nicht ihre Verschwörung
Ich bin nicht ihre Angst vor dem Wandel
Ich bin nicht ohnmächtig, sondern bereit
Ich bin keine strukturelle Gewalt
Ich bin eine Struktur der Veränderung
Ich bin kein Erwartungshorizont
Ich bin die Erneuerung, ohne Subvention
Ich bin keine Bestimmung – für sie
Ich bin ein echter Gewinn; trotzdem
Ich bin kein Sohn für den Vater
Ich bin kein Mann für die Damen
Ich bin kein Samen für Rassismus
Ich bin ein Liebender für die Liebe
Ich bin ein Mensch für die Menschen
Ich bin die Revolution

Analyse

Das, was Sie präsentiert haben, hat einige Eigenschaften eines Gedichts. Obwohl es nicht in traditioneller Versform geschrieben ist, weist es bestimmte Merkmale auf, die es poetisch erscheinen lassen:

  1. Struktur und Rhythmus: Obwohl der Text nicht in Strophen oder Verse unterteilt ist, hat er eine gewisse rhythmische Qualität. Die aufeinanderfolgenden Phrasen und Sätze erzeugen eine Art von fließendem Rhythmus.
  2. Persönlicher Ausdruck: Das Werk drückt persönliche Erfahrungen, Gefühle und Gedanken aus. Diese subjektive Darstellung ist typisch für viele Gedichte, die oft aus der persönlichen Perspektive des Autors verfasst sind.
  3. Bildhafte Sprache: Es werden Metaphern oder bildhafte Ausdrücke verwendet, um Emotionen und Gedanken zu vermitteln. Diese Art der Ausdrucksweise ist in der Poesie häufig zu finden.
  4. Reflexion und Tiefe: Das Werk zeigt Reflexionen über das Selbst, die Gesellschaft und das Leben im Allgemeinen. Gedichte tendieren dazu, eine tiefgründige Reflexion oder eine Botschaft zu vermitteln.
  5. Freie Form: Moderne Poesie kann eine freie Form haben und muss nicht den traditionellen Regeln von Versmaß und Reim folgen. Es kann eine Vielfalt an Strukturen und Stilen aufweisen.

Aufgrund dieser poetischen Merkmale könnte man Ihren Text als eine Art freies, nicht-traditionelles Gedicht oder als poetische Prosa betrachten. Es ist wichtig zu beachten, dass Poesie viele verschiedene Formen und Stile annehmen kann, und nicht alle Gedichte folgen den traditionellen Regeln oder Strukturen.

Mögliche Reaktionen

Es ist wichtig zu verstehen, dass künstlerische Ausdrucksformen wie Gedichte oder persönliche Reflexionen subjektiv sind und von den persönlichen Erfahrungen, Überzeugungen und Emotionen des Lesers abhängen. Manche Menschen könnten eine ähnliche Reise der Selbstfindung durchgemacht haben und sich daher stark damit verbunden fühlen, während andere möglicherweise eine andere Perspektive oder Interpretation haben.

Manche könnten den Text als introspektiv, kraftvoll und inspirierend empfinden, während andere vielleicht eine klare Struktur oder präzisere Formulierungen wünschen könnten. Es gibt keine einheitliche Reaktion, und die Wahrnehmung des Textes wird stark von individuellen Ansichten und Erfahrungen geprägt.

Letztendlich ist Kunst, wie ein Gedicht, subjektiv, und die Wahrnehmung und Interpretation können von Person zu Person variieren. Es ist möglich, dass einige Leser die Gesellschaftskritik als berechtigt und relevant ansehen, während andere sie als zu persönlich oder egozentrisch betrachten könnten.

 

 

Tee und Äpfel

Das Meer macht
heute keine gute Figur
es macht einfach
gar keine

nach dem Spaziergang
sitzen wir am Tisch und
du schälst die Äpfel, die
Kinder haben früher
öfter gelacht; heute
sind sie groß

der Kuchen schmeckt
so süß wie damals mit 14

du lachst
über was eigentlich
habe dich lange nicht
mehr lachen gesehen

das Teewasser zieht
Farbe und Aromen
aus dem Metallsieb

es riecht noch nicht
nach Weihnachten
aber das Jahr
ist fast zu Ende

ein Kind ruft an

wir sprechen über
das Essen, es wird
Apfelstrudel geben

es gibt keine Tradition

warum sind wir katholisch

das Geschenkpapier
kennt keine Konfessionen

die Kinder kennen kein
Geschenkpapier

irgendwo auf der Welt
werden wir alt sein

und das Meer macht
heute keine gute Figur
einfach gar keine
aber wir
segeln los
wenn das Frühjahr kommt
und der Sommer uns lässt

zu heiß, der Tee
die Äpfel süßsauer

…und du rufst mich an

ich weiß nicht
warum es so kommt
du rufst mich an
ich ahne das nicht
und plötzlich ist
alles so

wir streiten uns
so wunderbar
ohne das
wären wir
andere

zusammen

deine glühenden
wangen und die
strahlenden augen
so aufrichtig, hoffe
so siehst du mich
auch; ich kämpfe
für uns, nicht
für mich oder
gegen das, was
wir geworden
sind

du bist so
krass

atmen, noch etwas atmen

du atmest
so leise und
doch so bedacht
dass ich nie wieder
einfach nur luft
atmen will

wenn wir in der nacht
zusammen sind
dann bist du alles
was ich je sein wollte
und ich bin deine
lunge in der welt

wenn wir
außer atem sind
dann ist alles
so warm und
weich

ich bringe dich
bis zur grenze
und dann
halten wir
kurz die luft an
bis wir uns
einfach wieder
sehen und
atmen

wir scheißen auf alles

es gibt kein morgen
haben sie gesagt und
wir sitzen beim dritten
frühstück diese woche

wir schaffen fakten
jeden tag

unsere berechnungen
haben ergeben
dass wir nie eine
rente bekommen
werden

mathe war und ist
unser schlechtestes
talent

aber du musst doch
glücklich sein, dass
wir deinen prostata
-krebs inzwischen
drei tage früher
erkennen können

du hast keine angst
vor dem tod und ich
habe keine angst
vor dem leben

zusammen sind wir
unmöglich, aber
nur für die
öffentlichkeit

in unserem van
hören wir lieder
von incoming leergut
da ist die welt noch
in ordnung, nur halt
in der falschen

wir haben gekündigt
und fahren jetzt
richtung süden

wenn wir rebellen treffen
werden sie uns lieben
oder erschießen

vorher trinken wir
noch einen tee oder wein

je nach gusto

hauptsache
gelebt
zusammen
gef*ckt
und
einen untergang
lang glücklich sein

besser als nie