3 Cities in a Day

Heute ist ein langer
Reisetag, am Ende
schreibe ich nur ein
paar Zeilen nieder
in New Haven treffe
ich ein paar aus
Maryland die den
Herbst und den
Geburtstag des
Mannes feiern
da die Familie
in Indien lebt
und da Indien
10 Stunden
voraus ist
müssen früh
morgens
schon einige
Telefonate
geführt werden
die beiden sind
sehr nett, sie
bieten mir an
dass ich das
sehr scharfe
Essen von
gestern noch
probieren könne
ich sage: „Thank
you, but no experiments
on travelling days!“ Beide
wissen sofort, was los ist.

Ich spaziere dann noch
einmal an Yale vorbei über
das New Haven Green bis
zum Bahnhof und warte
dort drei Stunden und noch
eine Stunde länger, weil der
Bus Verspätung hat. Die
Holzbänke in den Wartehallen
sind wahnsinnig bequem, die
Zeit vergeht wirklich schnell
ich lese derweil ein Buch für
die Konferenz und komme
gut voran. Lustigerweise
spielt es teilweise in New
York und am Bahnhof, das
Thema ist Rassismus. In
einem Rückblick schreibt
die Protagonistin, dass sie
als Kind gerne eine Creme
gehabt hätte, um endlich
weiße Haut zu haben. Das
kenne ich verrückterweise
sehr gut. Mit etwa 5 Jahren
wollte ich von meiner Mutter
wissen, was man gegen die
Sommersprossen an den
Armen machen kann. Nichts
war die Antwort, ich hatte
das längst vergessen bis
ich neulich im Bus zur Schule
gefahren bin. Woher kommt
dieser Hass immer wieder

auf meiner Bank schläft
eine junge Frau, ich glaube
dass sie homeless ist

eine Mutter bringt ihre
Tochter zum Amtrak
die Tochter hat einen
Gitarrenkoffer wie ich
ich erinnere mich an die
Zeiten damals und an
die Abende als mich
mein Vater vom Konzert
abgeholt hat. Ich will mal
wieder ein Konzert spielen
bald, dann aber ganz
erwachsen

mir fällt gerade ein
dass die Roten zusammen
-halten, das wollte ich die
ganze Zeit schon, hatte ich
das schon geschrieben, egal
in Frankfurt spricht mich eine
junge Frau an, sie hat rote Haare
das passiert mir mehrere Male
auf der Reise. Möglicherweise
sind wir die People of Freckles
aber ich lehne Gruppen eher ab
je länger ich in Amerika bin, desto
weniger denke ich darüber nach
wie jemand aussieht, eigentlich
sind nämlich alle nett, wenn man
mal ins Gespräch kommt; nur
man kennt sich halt oft einfach
nicht und Arschlöcher gibt es
natürlich trotzdem, aber das
gilt natürlich milieu-, klassen-
und allesübergreifend

wir erreichen dann doch
relativ bald New York
der Busfahrer ist klasse
ein echtes Original, er
telefoniert die gesamte
Fahrt über und ich denke
das erste Mal, dass die
Digitalisierung auch was
Gutes hat. Früher waren
die Busfahrer immer so
einsame Recken. Heute
können Sie einfach
fahren und quatschen
und Spaß bei der Arbeit
haben. Ich frage mich
was so ein Busfahrer
früher gedacht hat, wenn
wir auf Klassenfahrt
gefahren sind. Ich frage
mich sowieso, was man
früher gedacht hat, als
man noch viel selber
denken musste, weil
nicht immer schon
Gedachtes oder
Gemachtes einen
bespielt hat

in New York habe ich
noch 1 Stunde Pause
wir landen mitten in
der Stadt und ich bin
verblüfft, denn es ist
auf einmal da, dieses
NYC Gefühl
man kann also doch
ankommen, wieder-
kommen und die Stadt
mögen, den Trubel, der
Lärm, der Verkehr, all
das, was mich vor Tagen
noch so gestresst hat
hat trotzdem was hinter
-lassen. Ich bin gerne
wieder hier und will
nicht für immer weg

ich hole mir noch ein
Pizzaecke, die wirklich
gut ist, aber so fettig
dass ich die gesamte
Busfahrt bis Baltimore
mit einem Klotz im
Bauch kämpfe. Was
solls, das war es wert
einige andere Dinge
muss ich wann anders
erzählen, schreiben

heute komme ich
noch in Baltimore an
und schaue einen Film
den ich 2005 im Kino
gesehen habe. Das war
damals ein Date mit

den Namen habe ich
vergessen, aber sie war
ganz nett. Lange her.