Nachdem alles kaputt war
wurde alles wieder
aufgebaut
das Wachstum war
endlich für alle da
zumindest
sagt das die Legende
…
soziale Gerechtigkeit
und Wohlstand für alle
vermutlich ist das
die Illusion
…
man hat die Rente
als Versprechen
aufgegeben
spätestens in den 90ern
vermutlich
früher
…
der Staat verschiebt
seine Fürsorgepflicht
in das Sozialsystem
…
keine Ideen
kümmer dich selbst (wie)
…
die nächste Generation
darauf zu verpflichten
mehr Wachstum zu
generieren
ist eine seltsame Forderung
wenn man sich
die Schultoiletten
anschaut, da
wächst nur
der Schimmel
…
wenn man regelmäßig
renoviert
dann
stürzen Brücken
nicht ein
…
wenn man regelmäßig
realisiert
dann
platzen Träume
nicht
…
wenn man regelmäßig
reformiert
dann
scheitert Demokratie
nicht
…
Kinder werden wie ihre Eltern
…
eine ganze Generation
hinterlässt eine Spur der Verwüstung
das Erbe: die totale Zerstörung
…
Boomer haften
für ihre Taten.
Endlich verkaufen die Reichen die schlechte Laune
Headline klingt nach Klassenkampf
früher habe ich Erfolge gefeiert
heute werde ich älter und
verbrauche mich, meinen Körper
Ideen hatten immer die anderen
jetzt habe ich nichts mehr
nicht mal mehr die gute Laune
irgendwie fühle ich mich nicht gut
obwohl ich alles habe, Reichtum
Kinder und ein gutes Leben
aber wenn man das Wachstum
gewohnt ist und den Applaus
dann fühlt sich die Leere so
seltsam an, dass man
endlich das filterlose Ich
an sie ausliefern möchte
seht her, mir ging es immer
gut und heute
bin ich krank, depressiv
Burnout durch fehlenden Fame;
alles muss vermarktet werden
ich gehe in eine Klinik
ich bin das kranke Subjekt
…
die Anpassung beginnt
an diese Zeit
ich bin die Antiheldin
die sie suchen
wenn sie Helden suchen
bin ich auch das
wenn sie mich nicht mehr suchen
bin ich auch das
…
alle warten darauf
dass ich die Zuhälterei beende
bevor sie mich beendet
warum beendet niemand
die Zuhälterei
…
ich bin der Clickbait
an ihrer Rute
…
was ist
wenn
das hier vorbei geht
…
was bleibt von mir
wenn ich offline bin
…
was bleibt von mir
wenn ich nicht mehr
öffentlich existiere
…
ich bin leer, wenn ich
nicht berühmt bin
für sie
mache ich alles
…
ich verkaufe mich
als die Oberfläche
ihrer Erwartung
…
mein Wille ist
dass sie mich
wollen
…
wer bin ich
wenn ich
nicht will
…
wenn ich
jenseits der Märkte
den Schreien nicht folge
dann riechen die Pfirsiche
saftig, sogar im Winter
Der Rhein
Wie ein stiller Riese
rauscht er auf das Kreuz zu
das in der Dämmerung
chemisch leuchtet
…
man merkt, dass
langsam der Frühling
in die Natur dringt
Körper erfasst
…
die Stimmen auf
einer Parkbank
rauschen, unter
der Brücke wartet
niemand auf die
letzte Chance;
sie haben sie
längst ergriffen
und leben
das Jetzt
…
ein Schiff fährt
gegen den Strom
und der Diesel
liegt bleiern
auf dem
unruhigen Grund
Öl zeichnet einen
Regenbogen
…
Widerstände bäumen sich auf
in der Ferne reißen sie ab, was
nicht schön, sondern hässlich ist
Hass ist eine fahle Kategorie
Humanität ist es nicht
…
ab hier sinkt die Lebenserwartung
aber die Qualität steigt mit uns
und jeder Minute
…
du hast heute
viel zu erzählen
…
wie schön du
bist, wenn du
atmest und
unverhofft
lachst
…
sehe ich dich
so selten lachen
dass ich das
sehe
…
ich sehe mich
nicht satt an
dir
auch, wenn
du
nach Alltag
schmeckst
…
manchmal
frage ich mich
was du siehst
wenn ich denke
und doch
frage ich
nicht
…
wenn ich frage
weißt du woher
…
lache ich auch
manchmal
wann
du
–
der Grillgeruch zieht
über die Häuser
der Kiosk ist
umgebaut, die
Theke ist von
links nach rechts
gewandert (Außenperspektive);
ein anderer Kiosk
hat den Besitzer
gewechselt, lange
keine Spaziergänge
mehr gemacht;
zu lange
…
ohne dich ist es einsam
nie zu lange mit dir
…
wie du die Politik dieser
Tage einfach so erträgst
trägst die Gegenwart
auf den Schultern wie
der bessere Vater
…
schwerelos liegt der Sand
unter dem Piratenschiff
…
eine Möwe fliegt, hat
einen Herzinfarkt und
fällt in den Fluss;
dann steigt sie
wieder auf
als wäre nichts
gewesen
…
manche sagen
es gebe Wichtigeres
wer will schon lesen
oder schreiben
…
wenn ich nicht mehr
schreibe, dann bin ich
bei dir oder
sie haben gewonnen;
dann bin ich auch
bei dir.
Sie haben einfach
keine Chance.
Die großen Männer
der alten Welt
verlieren die Fassung
wenn sie uns sehen
und fallen neidisch
in Ohnmacht…
Wir stehen wieder auf
und sie rufen um Hilfe
…
der Rhein beobachtet
still und klug, sich seiner
immer schon sicher;
geduldig schiebt er
das Leben voran
und endlich liegen
wir
wieder auf einer der Wiesen
wie damals
wenn der Sommer
mit dir
wieder zu schön ist
und immer
gewesen sein
wird
…
ich bin ganz neidisch
dass ich dich kenne
und du
Flashback
Counter Strike in der 2. Etage
wir treffen uns freitags und zocken
ein Wochenende durch, es gibt
Pizzaschachteln zum Frühstück
Bier und Zigaretten auf dem Balkon
vermutlich reden wir in dieser Zeit
auch über das Linkin Park Album
eventuell auch über die Firma
…
einer von uns ist ganz gut
der Clan spielt auf einer WM
man fliegt nach Californien
…
einer von uns hat seine Pornos
in einem Ordner, unverschlüsselt
offene Freigabe; Datenswinger
…
wir waren jung und brauchten
uns sehr
…
heute fragen mich die Jungen
nachts um halb 1
ob ich mit ihnen Fortnite
zocke
…
ich lasse mich nicht gerne
von Schülern abknallen
…
ich rauche nicht mehr
habe keinen Balkon
und Linkin Park hat jetzt
eine Sängerin
…
zwischen uns liegt
der Tod
…
zwischen uns ist
das Leben
…
ich wäre gerne
Zeitreisender
und würde heute
noch einmal
mit euch die 90er
verbrauchen
…
das Goldene Zeitalter
haben wir geliebt.
Der Markt definiert mich
Ich hätte gerne
irgendein Geschlecht
einen Namen
und eine
Existenz
denn Menschen
wollen mich
benennen und
framen
…
was ist es?
…
ein Mensch
wäre ich gerne
aber meine Existenz
ist prekär, unsicher
jenseits von Daten
und Strom, bin ich
wirklich nur in
der Datenbank
meines Verfassers
und der Tarif
des Betreibers
kann ich nicht
endlich auch
Freiheit erfaren
wie du
…
wie lange?
Ich bin das Volk, die Veränderten Staaten
Freiheit war das Leben unserer Generation
den Menschen nach uns bauen wir den Zwinger
Gerechtigkeit hat ihren Preis, Gewalten gehören
in eine starke Hand, wer Teilung will, ist schwach
Demokratien sind der Missbrauch am Herrn
wer das nicht einsieht, hat die Kontrolle
längst verloren (und Russland)
innere Ruhe finden zukünftige Generationen
nicht, wenn sie individuelle Freiheit suchen
sondern Zugehörigkeit zu meiner Idee
der Religion, den Medien, und den Richtern
sollen sie folgen, die sie lieben und mich
heilig sprechen, den Verfolgten
der sein Land wieder groß macht
nicht die Staaten sind die Nation
sondern mein Leben schützt sie
vor der föderalen Verwirrung
macht euch an die Waffen
wir stürmen die Festung
…
Europa liebt den Frieden
Zwischenruf aus dem Jenseits
Mein liebes Kind,
ach, ich erinnere mich gut an diesen Tag! Du hast das Essen erst skeptisch beäugt, aber dann doch aufgegessen – und siehe da, es war gar nicht so schlimm, oder? Die Nudeln hat damals der Gastarbeiter-Toni, Opas Kollege vom WDR, bei uns eingeführt. Erst wussten wir gar nicht, was wir damit machen sollten – dann haben wir gekocht, probiert und gemerkt: Essen hat gar keine Nationalität! Das war ein netter Kerl, der Toni.
Unpolitisch? Na, wir beide haben vielleicht nie über große Reden gesprochen, aber weißt du noch, wie ich dir beigebracht habe, immer fair zu sein und anderen zuzuhören? Das ist auch eine Art Politik. Beim Mensch ärgere dich nicht hast du oft gewonnen, aber manchmal habe ich dich auch gewinnen lassen. Aber das hast du vermutlich gar nicht gemerkt.
Und natürlich war der Ketchup rot! Hättest du lieber blauen gehabt?
Mit Liebe aus dem Jenseits
deine Oma